"Hä?" - ein Wort, das man überall versteht

Dank des kleinen Wortes "Hä? wird man überall verstanden, wenn man nicht versteht... Holländische Forscher konnten das Behelfswort weltweit in zehn Sprachen nachweisen.


Ist "Hä?" ein Universalwort? - Die holländische Studie sagt Ja.
Ist "Hä?" ein Universalwort? - Die holländische Studie sagt Ja.

Zehn Sprachen haben sie untersucht. Weltweit. Und in jeder fanden sie kurze Sprachelemente, die ähnlich klingen wie das englische "huh?". Mark Dingemanse, Francisco Torreira und N. J. Enfield vom Max Planck Institut für Psycholinguistik im holländischen Nijmegen konnten nachweisen, dass das kurze Sprachelement fürs "Nichtverstehen" weltweit genutzt wird.

 

Nun könnte man argumentieren, dass "Hä?" gar kein richtiges Wort ist, sondern "nur" eine Lautäusserung wie Weinen und Lachen. Doch der Begriff steht nicht nur im Duden (ugs., meist als unhöflich empfunden, für "Wie bitte?"): die Forscher kommen in ihrer Studie auch zum Schluss, dass sich die Ausrufe zwischen den Sprachen auf spezifische Weise unterscheiden. D.h. sie müssen - anders als angeborene Lautäusserungen - erlernt werden.

 

Parallele zwischen sprachlicher und biologischer Entwicklung

Tatsächlich gleicht sich der Wortlaut in den zehn untersuchten Sprachen frappant: Im deutschen Sprachraum greift man bei "Nichtverstehen" auf ein "Hä?" zurück. Die englische Variante ist ein "Huh?". Der Holländer wirft ein "He?" ein. Und in Spanisch ("E?") und Mandarin-Chinesisch ("A?") reicht sogar ein einziger Buchstabe. Weitere Beispiele sind in nachfolgender Tabelle aufgeführt:

Dingemanse, Torreira und Enfield kommen in ihrer Studie "Is ‘Huh?' a Universal Word? Conversational Infrastructure and the Convergent Evolution of Linguistic Items" zum Schluss, dass “hä?" ein Produkt kultureller Evolution ist, das durch äusseren Selektionsdruck entstand. Dieses Prinzip ist in der Biologie gut bekannt: Ähnliche Einschränkungen durch die Umwelt führen zum Beispiel bei Haien und Delfinen zu einem ähnlichen Körperbau.

 

Konversation läuft in allen Sprachen nach dem gleichen Muster ab: Auf eine Frage folgt (im besten Fall) eine Antwort. Damit der Gesprächsfluss aufrecht erhalten bleibt, müssen die Sprecher ihren nächsten Schritt vorausplanen. Unterbrechungen und Überschneidungen müssen vermieden werden. Gleichzeitiges Vorausdenken, Hören und Verstehen sind unter diesen Umständen nicht leicht. Dieser Druck führt dazu, dass sich die Menschen sprachunabhängig auf ein klares Signal geeinigt haben. Äussert das Gegenüber ein kurzes "Hä?" ist klar: Ich wurde nicht verstanden und muss meine Aussage nochmals deutlicher wiederholen.

Bild / Tabelle: huh.ideophone.org


Quellen:

  • Dingemanse, Mark / Enfield, N. J. / Torreira, Francisco: Is ‘‘Huh?’’ a Universal Word? Conversational Infrastructure and the Convergent Evolution of Linguistic Items [pdf]
  • PLON|one: Is "Huh?" a Universal Word? Conversational Infrastructure and the Convergent Evolution of Linguistic Items [Research Article]
  • Website zur Studie: http://huh.ideophone.org

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Kommentare: 1
  • #1

    Barbara Zesiger (Dienstag, 12 November 2013 15:55)

    Kommentare sind immer willkommen!